Ora Avital

„Quer und Kreuz“, 2014, private Sammlung

„Ich habe mich nicht entschieden, Künstlerin zu werden – ich bin Künstlerin!“ – Ja, das ist Ora Avital, mit Leib und Seele.

Sie kann wohl nicht anders, als nicht nur weiter, sondern neue Wege zu gehen: mit Talent, Methode, Handwerk und Temperament. Der ständige Wandel ist ihr Begleiter, von einer Kleinstadt in Israel in die Armee, nach Jerusalem zur Kunstakademie Bezalel, dann nach Tel Aviv und schließlich nach Deutschland; und dabei zu lernen, Herausforderungen mit Methode anzugehen:

Es braucht Geduld, Kreativität nicht nur zuzulassen, sondern auch zu entwickeln, Erfahrungen zu sammeln, dabei sein Tun zu hinterfragen. Es braucht Obsession, diese Geduld aufzubringen, sich Ziele zu setzen, immer weiter zu wollen und nicht aufzugeben. Das ist nicht immer einfach – für das Umfeld nicht und für sie selbst auch nicht.

Als sie vor fast dreißig Jahren nach Deutschland kommt, bedeutet das für sie eine Zäsur. Neu in diesem Land, steht sie in ihrem Atelier, ohne die behütete Welt der Akademie, der Freunde und des bekannten Umfelds. Ora Avital arbeitete bis dahin ihrem Temperament entsprechend expressiv, aber um sich mit ihrem neuen Leben mit ihrer weiteren künstlerischen Entwicklung auseinander setzen zu können, brauchte sie ein System, ein Ordnungssystem.

Sie begann, ihre Pinselstriche zu ordnen, indem sie sie auf verschiedenfarbige, parallele Streifen reduzierte. Die Malflächen wurden dreidimensional, sie bemalte Würfel und Prismen, die sie im Raum arrangieren und installieren kann. Es ist ihr Prinzip, auf Vorhandenem aufzubauen  und es weiter zu entwickeln. Und das bezieht sich nicht nur auf den Malstil, sondern auch auf Formen, Bildflächen oder -Räume, Materialien, Techniken, Gattungen und die Verknüpfung von all dem. Dabei probiert sie immer wieder anderes aus und lässt dies dann in ihre Arbeit einfließen. Was sie an der Kunstproduktion fasziniert, ist der Moment, in dem abstrakte Gedanken und Ideen eines Körpers im Raum Gestalt annehmen.

So entwickelten sich aus den Streifen Punkte und Kreise, die auf verschiedene Materialien gemalt werden oder die aus unterschiedlichen Materialien bestehen und zu Objekten, zu Installationen von Objekten im Raum werden. Um sich aus scheinbaren Endpunkten von Entwicklungen zu befreien, widmet sie sich Experimenten wie impressionistisch anmutenden Landschaftsbildern, die im weiteren Verlauf das Gegenständliche, das Figurative mit der Abstraktion verbinden.

„Extension“ und „Tänzerin“, 2020, Drahtobjekte

In ihrer aktuellen Serie „sketching light with a wire“ geht es um Verbindungen und Verstrickungen. „Ich ziehe Linien im Raum und lasse die Grenzen im Raum fließen, verwoben wie ein Spinnennetz, geführt von meinen Gedanken und Empfindungen.“ Ihre Arbeiten aus Draht sind eine Entwicklung aus ihrer erweiterten Malerei. Und deshalb sind ihre Arbeiten, deshalb ist ihr Werk trotz aller Unterschiede immer unverkennbar.

Bernhard Jansen

>> Kurzbiografie

Ora Avital studierte an der Kunstakademie Bezalel, in Jerusalem. Sie lebt seit 1992 in Deutschland und konnte in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellung ihre Werke präsentieren.