BbB-19, 2021, 100 x 40 cm, Öl und Acryl auf Leinen© Annette von der Bey, VG Bild-Kunst
LOVEPARADE, BbB-31, 2022, 80 x 175 cm, Öl und Acryl auf Leinwand© Annette von der Bey, VG Bild-Kunst
Gedrängefakor, 120-55, 2025, 50cm x 50cm, Öl auf Leinen© Annette von der Bey, VG Bild-Kunst
Paradies, Installation im Bargheer Museum, 2025, Öl auf Leinen© Annette von der Bey, VG Bild-Kunst
Paradies, Installation im Bargheer Museum, 2025© Annette von der Bey, VG Bild-Kunst
Annette von der Bey vor Installation TURMBAU, 2019© Annette von der Bey, VG Bild-Kunst
Portrait von Annette von der Bey
Annette von der Beys Ölmalereien entführen in fantastische, apokalyptische und von der Natur inspirierte, vor allem aber detailverliebte Bildwelten. Sie laden die Betrachtenden ein, in versunkene Städte, sich auftürmende Häuserberge oder magische und zugleich idyllische Waldlichtungen einzutauchen. Bizarre Fabelwesen und träumerische Bauten erinnern an Hieronymus Boschs „Der Garten der Lüste“ oder Pieter Bruegels „Turmbau zu Babel“ — diese Werke sind jedoch nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Inspirationsspektrum der Künstlerin. In ihren Arbeiten spiegeln sich ihre Faszination für Mythen und Legenden verschiedener, meist vergangener Kulturen sowie deren literarische und künstlerische Überlieferungen wider. Trotz der Einflüsse keltischer, germanischer und griechischer Traditionen bewahren ihre Werke eine zeitlose Relevanz. Von der Beys Bildsprache beruht auf einer Ikonografie, die intuitiv verständlich ist und Assoziationen weckt. Ihre Malereien sprechen unser kollektives Gedächtnis an: Zeichen und Symbole, die uns — bewusst oder unbewusst — vertraut sind, ebenso wie die Sagen und Erzählungen, die ihnen zugrunde liegen.
An Ideen und Inspiration mangelt es Annette von der Bey nicht. „Gedanklich bin ich schon zwanzig Jahre voraus. Ich wache morgens auf und habe tausend neue Ideen.“ Da die feinen Ölmalereien jedoch neben Ideenreichtum auch Geduld in der Ausführung verlangen, muss die Künstlerin Prioritäten setzen. „Ich muss mir gut überlegen, welches Projekt ich als nächstes angehe“, erklärt sie. Manchmal würde sie ihre Arbeit gerne mehr „fließen lassen“.
Fast alle Werke von der Beys sind in umfassenden Werkreihen angelegt. Die serielle Arbeitsweise ermöglicht es ihr, sowohl in kleinen Abschnitten zu arbeiten als auch Projekte unbegrenzt weiterzuführen. Manche Motive erstrecken sich über Hunderte von Leinwänden und entstehen über Jahrzehntehinweg. Die einzelnen Werke folgen einem ausgeklügelten System — einer Formel, die die Künstlerin eigens entwickelt hat. Die Bildelemente funktionieren als eigenständige Kunstwerke ebenso wie sie sich in unendlichen Kombinationsmöglichkeiten zusammensetzen lassen: Motive werden über Bildkanten hinweg nahtlos fortgeführt, Formen gehen kompositorisch ineinander über oder es entstehen gezielte Brüche. Das Arrangieren gleicht „einem Spiel“, wie von der Bey sagt. „Die Arbeit endet nicht mit dem Rand der Leinwand“, betont sie. Im Gegenteil: Durch die freie Kombination der Elemente kann das Werk an den Wänden entlang wachsen.
Mit den großflächigen Installationen aus Ölgemälden reagiert die Künstlerin präzise auf individuelle Ausstellungssituationen. Exemplarisch dafür steht ihre Werkreihe „Paradies“: Moosbedeckte Äste, sattgrüne Gräser, kleine Frösche und Kröten sowie sprießende Pilze im Waldboden sind zu entdecken. Der Ausblick aus den Fenstern des Ausstellungsraumes ins Grüne agiert als organische Fortsetzung der Naturmotive im Innenraum. Annette von der Beys Herangehensweise lädt die Rezipient*innen dazu ein, ihre Arbeiten — als Zusammenspiel von Ebenen und Ausschnitten — während des Betrachtens gedanklich weiterzuführen und zu vervollständigen.
Sarah Cüppers